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Rege Diskussion bei Gesprächsrunde

BAUS lud nach Renningen ein

Jetzt hat sie doch stattgefunden, eine Informationsveranstaltung in Renningen zur Hermann-Hesse-Bahn, aber nicht auf dem offiziellen Weg über die Kommunen, sondern auf die private Initiative von BAUS. Der Amtschef des Verkehrsministeriums in Stuttgart, Uwe Lahl, war bereit, sich den Fragen  der Befürworter und Gegner zu stellen. Den Rahmen für die Diskussionsrunde am 7. November 2019 bildete die Hofstube Zimmermann in der Lauerhalde. Rund 60 Gäste nutzten die Gelegenheit zur Teilnahme.

Wo es um einige sehr fachspezifische Fragen ging, konnte Uwe Lahl auf die Hilfe seiner ministerialen Mitarbeiter zurückgreifen, die ebenfalls anwesend waren, nämlich Gerd Hickmann – Referatsleiter Schienenverkehr – und Martin Hilger, der die Reaktivierung von Bahnstrecken betreut. Auch Michael Stierle, Chef des Zweckverbandes Hermann-Hesse-Bahn in Calw, nutzte die Veranstaltung, um eingangs kurz über den neuesten Sachstand zu berichten. So seien die Ausschreibungen und Bauaufträge für die Sanierung der Brücken auf der Calwer Schwarzwaldbahn vergeben, ebenso die Arbeiten für den Neubautunnel bei Dätzingen. 2020 starteten die Arbeiten, auch die große Bahnbrücke in Calw-Heumaden werde dann eingesetzt.

Uwe Lahl wies darauf hin, sein Haus teile die Haltung von Calws Landrat Helmut Riegger, dass man bereit sei, die Fahrten der Hermann-Hesse-Bahn nur bis Weil der Stadt durchzuführen statt bis Renningen, sofern die vom Verband Region Stuttgart geplante zusätzliche S-Bahn-Linie S 62 rechtzeitig in Fahrt komme, sprich bis 2022. Lahl verwies allerdings auch darauf, dass über diese Zusatz-S-Bahn seit über vier Jahren gesprochen werde, ohne dass bisher ein konkretes Fahrplankonzept vorliege. Auch die vorgesehenen Betriebszeiten seien nicht bekannt. Demnach, so Lahl, werde die Hermann-Hesse-Bahn auf jeden Fall einen eigenen Bahnsteig in Renningen erhalten, denn in den Zeitlagen, wenn die S 62 nicht fahre, müsse konsequenterweise die Hermann-Hesse-Bahn diese Verbindung übernehmen. Angie Weber-Streibl, Kreis- und Regionalrätin, ergänzte, dass auch eine zusätzliche S-Bahn-Linie in Renningen nicht ohne weiteren Bahnsteig auskomme, weil sonst die wartenden Züge der S 60 im Wege stünden.

Klaus Hünerfeld von BAUS betonte, jedes Konzept für eine S 62 müsse nicht nur von allen Beteiligten in der Region Stuttgart mitgetragen und mitfinanziert werden. Es sei auch offen, ob sich der Kreis Calw eine teurere Anbindung – nämlich per S-Bahn – überhaupt finanziell leisten könne. Vor allem müsse dann eine entscheidende verkehrliche Verbesserung gegenüber der Hermann-Hesse-Bahn eintreten. Wenn die Fahrgäste dann nach wie vor umsteigen müssten, nur eben in Feuerbach – wo die Züge noch viel voller seien als in Renningen – sei aber eine solche Verbesserung nicht erkennbar. Dann hätten die Calwer Kreisräte auch keinen Grund, einer S-Bahn näherzutreten. Insoweit sei in Sachen einer S 62 alles völlig offen, auch der Zeitpunkt.  

Uwe Lahl setzte die Anwesenden in Kenntnis, dass eine S 62 genau in der gleichen Fahrplan-Zeitlage wie die Hermann-Hesse-Bahn fahren müsste. „Wenn Sie so stark gegen die Fahrt der Hermann-Hesse-Bahn bis Renningen eintreten, indem sie Unpünktlichkeit befürchten – dann müssten Sie jetzt doch genauso vehement gegen die S 62 sein?“, so seine rethorische Frage an das Publikum, die unbeantwortet blieb. Klaus Hünerfeld betonte: „Der Fahrplan-Stressstest für die Hermann-Hesse-Bahn wird von den Bahngegnern als unzureichend bemängelt – aber dann müssten die Gegner doch jetzt erst recht einen Stresstest für die S 62 fordern.“ Eine Reaktion aus dem Auditorium erhielt er nicht. Uwe Lahl ergänzte, dass die Bürgermeister von Renningen und Weil der Stadt bereits 2017 die Ergebnisse des Stresstests akzeptiert hätten, zumal die DB Netz dafür die Verspätungsstatistik eines ganzen Jahres ausgewertet hatte. Damit gebe es keinen Anlass mehr, dieses Fass nochmals aufzumachen. Ein Kritiker verwies darauf, wie oft – aus seiner Sicht – die S 6 unpünktlich aus Stuttgart komme und bereits in Renningen vorzeitig wenden müsse. „Dann ist es ja gut, wenn auf dem Nachbargleis die Hermann-Hesse-Bahn bereitsteht, sonst würden schon alleine die Weil der Städter auf die nächste S 6 warten müssen“, beschied Klaus Hünerfeld (dazu ist die Information zu ergänzen, dass die S 6 laut Verkehrsdirektor Jürgen Wurmthaler vom Verband Region Stuttgart zu den pünktlichsten Linien der Stuttgarter S-Bahn gehöre). Ein Kritiker bemängelte, dass die Hermann-Hesse-Bahn nicht in Malmsheim halte. „Ja, wären Sie denn für die Bahn, wenn sie dort hielte?“, fragte Uwe Lahl schmunzelnd zurück – und bekam keine Antwort.

Auf die Kritik der Gegner, es sei belanglos, ob Fahrgäste Richtung Böblingen ein- oder zweimal umsteigen müssten, entgegnete Michael Stierle, die Erfahrungswerte der Nahverkehrswissenschaft belegten den massiven Rückgang von Fahrgastzahlen eindeutig, sobald mehr als einmal umgestiegen werden müsse – der so genannte Umsteigewiderstand. Fachliche Entgegnungen der Gegner gab es hierauf nicht. Klaus Hünerfeld ergänzte, durch das inzwischen entstandene Forschungszentrum von Bosch in Renningen die Attraktivität der Hermann-Hesse-Bahn, bis Renningen durchzufahren, inzwischen noch weiter steige. Außerdem könnten die Bosch-Mitarbeiter direkt beim Calwer Bahnsteig in Renningen auf gleicher Höhe auf den Zubringerbus zum Bosch umsteigen, also ganz einfach. Es sei verständlich, dass bereits jetzt mehr Bosch-Mitarbeiter Wohnungen entlang der Hermann-Hesse-Bahn suchten und darauf vertrauten, dass die Kommunen sich an ihre Beschlüsse zur Durchfahrt bis Renningen hielten.

Die Kritiker bemängelten weiter, dass in Weil der Stadt aus ihrer Sicht ein direkter Umstieg von Zug zu Zug am gleichen Bahnsteig möglich sei, während man in Renningen eine Unterführung benutzen müsse. Michael Stierle musste. Michael Stierle verwies darauf, dass im Fall der Verspätung der S-Bahn – also dem, was nach Einschätzung der Kritiker sehr oft der Fall sei – der Calwer Zug am separaten Hausbahnsteig vor dem alten Stationsgebäude halten müsse und nicht mehr weiterfahre. Denn bekanntlich sei für den Verspätungsfall vereinbart, dass der Calwer Zug in diesem Fall schon in Weil der Stadt ende. Ferner seien dann beide Bahnsteiggleise der S-Bahn durch S-Bahn-Züge belegt. Somit müssten dann aber auch die Calwer Fahrgäste in Weil der Stadt die Unterführung benutzen und von ihrem Zug zur S-Bahn „außen herum“ laufen. Kritiker brachten weiter vor, die Entfernung zum Umsteigen in Renningen betrage 300 bis 400 Meter, in Weil der Stadt sei es kürzer. Roland Esken vom Verein Württembergische Schwarzwaldbahn Calw entgegnete, er habe die Entfernung in Renningen mit einem betagten Herrn gemütlich abgelaufen: „Wir haben genau 178 Sekunden gebraucht“. Das sei kaum mehr als in Weil der Stadt. Im übrigen betrage in Renningen die Relation von Halteplatz Calwer Zug zum Halteplatz S-Bahn nur 200 Meter, was jeder Renninger jederzeit selbst nachmessen könne. Zu dieser Thematik gab es darauf von den Kritikern keine Wortmeldungen mehr.

Auch Bürger aus Renningen meldeten sich als Bahnfreunde zu Wort: „Ich pendle nach Holzbronn, hinter Calw-Heumaden. Mir bringt diese Bahn viel, ich möchte ab Renningen damit fahren“, lautete eine Stimme, „was diskutieren wir hier über einen Bahnsteig, während der Klimawandel fortschreitet – wir brauchen diese Bahn ohne weiteres Geplänkel so schnell wie möglich“, so ein weiterer Beitrag. „Hier geht es doch nicht nur um die Renninger Sicht, wir binden die ganze Region Stuttgart an den Schwarzwald an, da braucht es die für den Fahrgast bestmögliche Verbindung“, artikulierte sich ein weiterer. Insgesamt hielt sich der Beifall von Gegnern und Befürwortern, je nach Stimmungslage, etwa die Waage.  


Michael Stierle, Moderator Erwin Eisenhardt von BAUS und Uwe Lahl
gestalteten den Diskussionsabend.

upf


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